Leitsatz
Wer beim Fußball ohne jede Rücksicht auf die Gefahr in seinen Gegner einsteigt, haftet für die Verletzungen, die er dem Gegner bei dem unfairen Zweikampf zufügt.
Der Sachverhalt
In einem Meisterschaftsspiel der Kreisliga A 3 des Kreises Dortmund wurde der klagende Spieler vom beklagten Spieler der gegnerischen Mannschaft mit gestrecktem Bein gefoult worden. Durch das Foul zog sich der Kläger eine schwere Knieverletzung zu, in deren Folge er seinen Beruf als Maler und Lackierer bis heute nicht mehr ausüben kann. Der Schiedsrichter zeigte lediglich die gelbe Karte. Er verlangte Schmerzensgeld vom Beklagten, weil dieser die Verletzung in grob regelwidrige Spielweise zufügte. Der Beklagte war der Auffassung er habe einen regelgerechten Zweikampf um den Ball gef[hrt, bei dem sich der Gegenspieler eine unglückliche Verletzung zugezogen hat.
Prüfung
In Betracht kommt der deliktische Anspruch aus § 823 I BGB. Unterschieden wird bei der zivilrechtlichen Haftung zwischen den folgenden Situationen:
a) Verletzungen durch regelkonformes Verhalten: keine Haftung
Dort wird immer wieder der Presschlag genannt. Eine Haftung scheidet aus, begründet mit einer Mischung aus § 242 BGB und der Verneinung der Fahrlässigkeit. Es wird argumentiert, dass der Geschädigte genauso gut Schädiger sein können, weil liegen Verletzungen selbst bei regelkonformer Spielweise zum Fußballspiel gehören. Sich dann auf eine Verletzung zu berufen sei treuwidrig. Weil regelkonform gehandelt wurde, kann außerdem nicht von einer Sorgfaltspflichtverletzung gesprochen werden: Fahrlässigkeit scheidet aus.
b) geringfügiger Verstoß: keine Haftung, außer Vorsatz
Insgesamt wird die Haftung aus gleichen Gründen abgelehnt. Dazu kommt, dass eine Zurechnung wegen „Handeln auf eigene Gefahr“ oder rechtfertigender Einwilligung angenommen wird.
c) schweres regelwidriger Verstoß: Haftung möglich
Bereits 1954 und 1974 hat der BGH eine Haftung bei schweren regelwidrigen Verstoß bejaht. Soweit ist das Urteil eigentlich nichts Neues.
Die Entscheidung
Das OLG Hamm sprach dem Kläger 50.000 Euro zu. Mangels Fahrlässigkeit hafte ein Fußballspieler zwar nicht, wenn er seinen Gegenspieler bei regelgerechter und dem Fairnessgebot entsprechender Spielweise verletze. Hier aber hafte der Beklagte, weil er unter Verstoß gegen die DFB-Fußballregel Nr. 12 rücksichtslos gehandelt habe. Er habe den Zweikampf ohne jede Rücksicht auf die Gefahr und die Folgen seines Einsteigens für den Gegner geführt. Er habe „den Grenzbereich der noch hinzunehmenden Härte deutlich überschritten“.
Auswirkungen
Es empfiehlt sich zunächst für alle Amateurspieler eine Unfallversicherung und eine Haftpflichtversicherung abzuschließen. Im Fall kam für den Beklagten beispielsweise die Haftpflichtversicherung auf, ansonsten droht das finanzielle Desaster.
Vergleichbare Urteile im Profifußball wird es kaum geben, da Berufsfußballer als Arbeitnehmer nicht bei grober Fahrlässigkeit, sondern nur bei vorsätzlich hervorgerufenen Verletzungen haften. Zuletzt sorgte der Fall Concha gegen Younga-Mouhani für Aufrur.
Weitere Artikel: spiegel.de, lto.de
Literatur
DiscussionEin Kommentar
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