Sind die „Bayern München Zelte“ rechtmäßig?

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Vor dem Bundesligaspiel Bayern München gegen Eintracht Frankfurt stellt der Veranstalter, der FC Bayern München, vor dem Einlassbereich Zelte auf. In den Zelten wurde dann selektierte Zuschauer gebeten sich einer Ganzkörperkontrolle zu unterziehen, bei der sich die „Verdächtigen“ fast vollständig ausziehen mussten. Laut FC Bayern wurden 30 bis 40 der insgesamt 6655 Frankfurt-Fans im Stadion auf diese Weise kontrolliert. Besonders für Aufruhr sorgte dies, weil es wohl bald möglicher Standard sein könnte, da es Teil des derzeit diskutierten DFL-Papiers „Sicheres Stadionerlebnis“ ist. (Mehr hier)

Der Verein wollte verhindern, dass von Zuschauern “verbotenes Material” in das Stadion geschmuggelt wird. Im Mittelpunkt standen dabei die bengalischen Feuer und Pyrotechnik. Gefunden wurden bie den etwa 35 Durchsuchten übrigens Messer.

Stellt sich natürlich die Frage: Ist das rechtlich zulässig?

Rechtswissenschaftler denken dabei schnell an den Nacktscanner am Flughafen. Auch dort kann man schon diskutieren, ob die Menschenwürde des Fluggastes wirklich geringer gegenüber der Abwehr eines möglichen Sicherheitsrisiko hat. Bis jetzt wird bei uns immer noch die Menschenwürde höher bewertet, sodass keine Nacktscanner zum Einsatz kommen.

Vergleicht man nun den Fall mit dem Durchsuchen der Zelte mit dem Scanner, so leuchtet eigentlich ein: Bei dem einen wird lediglich gescannt, beim Zelt sogar konkret der Körper betrachtet.

Außerdem sind hier die Parteien anders: Anders als beim Nachtscanner geht es beim Zelt nicht um das Verhältnis Bürger-Staat, sondern Bürger-Bayern München, also um ein privatrechtliches Verhältnis. Und dort gelten die Verfassung nur mittelbar.

Zum privatrechtlichen Verhältnis: Bereits mit dem Kauf einer Karte kommt ein Vertrag zwischen dem Inhaber der Karte und dem FC Bayern als Inhaber der Allianz-Arena zu Stande. Dabei bindet sich der Zuschauer auch an die jeweilige Stadionordnungen.

Dort heisst es in 5.3 der Ticket-AGB:

Der Zutritt zur Allianz Arena unterliegt der am Veranstaltungsort ausgehängten Hausordnung. Im Interesse der Sicherheit und eines geordneten und reibungslosen Ablaufs der Veranstaltung ist der Ticketinhaber insbesondere verpflichtet, den Anweisungen der Polizei, des FCB, des Sicherheitspersonals und der Stadionverwaltung in der Allianz Arena Folge zu leisten, insbesondere auf eine entsprechende Aufforderung im Falle sachlicher Gründe hin einen anderen Platz als auf dem Ticket vermerkt, einzunehmen. Die Mitnahme von Transparenten ist nur mit Genehmigung des FCB gestattet, die Mitnahme von Fotokameras und sonstigen Bild-/Film- und Tonaufnahmegeräten zum Zwecke der kommerziellen Nutzung ist untersagt.
Die Mitnahme von Feuerwerkskörpern, Flaschen, Dosen, Rausch -mitteln und Haustieren ist strikt untersagt. Offensichtlich alkoholisierte Zuschauer verwirken ihr Recht, die Allianz Arena zu betreten. Der Zutritt von Kindern ist nur mit gültiger Eintrittskarte gestattet, der Zutritt mit ermäßigter Karte nur unter Vorlage des die Ermäßigung begründenden Nachweises. Verstöße gegen die Ticket-AGB und/oder die Hausordnung werden mit einem Verweis aus der Allianz Arena ohne Erstattung des Eintrittspreises geahndet.

In der Stadionordnung heisst es dann nochmal in § 3 II:

Der Kontroll- und Ordnungsdienst ist berechtigt, Personen, auch durch den Einsatz technischer Hilfsmittel, daraufhin zu untersuchen, ob sie aufgrund von Alkohol- oder Drogenkonsums oder wegen des Mitführens von Waffen oder von gefährlichen oder feuergefährlichen Gegenständen (im Sinne von § 2 und § 5) ein Sicherheitsrisiko darstellen. Die Durchsuchung erstreckt sich auch auf mitgeführte Gegenstände. Im Weigerungsfall kann der Zutritt verwehrt werden.

Fraglich ist jetzt natürlich, ob die Stadienordnung und die Ticket AGB so etwas regeln dürfen.

Ohne zu tief ins Detail zui gehen: Kern der Frage ist es, ob die Zuschauer unangemessen benachteiligt werden, indem sie sich aufgrund der Sicherheitsbedenken vollständig ausziehen müssen. Bei der Prüfung des § 307 BGB wirken dann auch die Grundrechte mittelbar.

Dort wird dann die rechtliche Wertung im Endeffekt zu einer politischen. Hier wird alles vertreten.

Die Arbeitsgemeinschaft Fananwälte weist auf die „intensive Eingriffe in Grundrechte hin, die unter anderem in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, dass Recht auf informationelle Selbstbestimmung und in das Recht der allgemeinen Handlungsfreiheit eingreifen“. Außerdem bei könne lediglich, wenn überhaupt die Polizei und nicht Sicherheitsbeamte, bei konkreten Verdachtsmomenten durchsuchen.

Die Fanvertreter empören sich über die beliebigen Auswahlverfahren und sehen die Maßnahmen als Provokation und nicht zielführend. Außerdem bleibt die Frage offen, warum lediglich Fans der Eintracht und keine von Bayern München kontrolliert wurden. Zudem handelte es sich nicht um ein Spiel mit hohem Sicherheitsrisiko, was insbesondere die Vergangenheit zeige.

Der DFB, Polizei, einige Vereine und die Medien warnen natürlich vor Gewalt und stellen die Sicherheit über alles. Bestätigt wurde die Polizei durch die 22 gefundenen Messer.

Insgesamt ist die Situation sicherlich keine Einfache. Anders als etwa bei den Flugkontrollen, wo die Gäste kontrolliert werden, damit ihr Leben geschützt wird ere Kontrollen in Kauf, damit ihr Leben geschützt wird. Doch was bringt die Kontrolle vor dem Stadion? Fans abführen und in geschlossenen Räumen kontrollieren, um andere abzuschrecken und die „gefährliche Pyrotechnik“ zu verhindern. Selbst wenn man unterstellt die Pyrotechnik sei gefährlich, kann sie auch durch die Leibesvisitation nicht ganz verhindert werden. Auf der anderen Seite muss man sich natürlich fragen, warum man als Fan Messer ins Stadion mitnehmen muss. Auch der Protest hunderte Frankfurter vor dem Münchner Stadion, der zu Tumulten mit der Polizei und letztlich 13 Festnahmen führte hilft dort mehr der Argumentation der Polizei. Wie immer wird es aber heissen: Die Fans sagen sie waren friedlich und vollen Kommunikation, der DFB will Sicherheit und sagt die Fans wären nicht bereit basierend auf vernünftigen Tatsachen zu diskutieren, die Polizei klagt, dass sie für alles zuständig sind und dass die Gewalt der Fans zunehme.

Es soll auch noch diejenigen geben, die sich sicher im Stadion fühlen und sich gleichzeitig nicht empören über das Durchsuchen. Bei Polizeikontrollen, Demonstrationen und am Flughafen ist das ja schon lange der Fall. Bei allem darf nicht vergessen werden, dass der Fußball und die Sicherheit im Vordergrund stehen muss: Gewalt gehört nicht zum Fußball, der Fan gehört zum Fußball und Fußballfans sind wie der Mensch an sich grundsätzlich nicht gewalttätig. Wie der Jurist nur zu gut weiß: Es gibt immer Ausnahmen!

Gründer von Fussball-Geld.de. Studierter Jurist und Master im Sportmanagement. Interesse für Zahlen, Übersichten, Recht und wirtschaftliche Hintergründe im Fußball.

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